Ausbildung in Teilzeit

Inhaltsverzeichnis

Ob du eine Ausbildung in Teilzeit machen kannst oder solltest, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Diese gehen wir in diesem Beitrag Schritt für Schritt durch, sodass du am Ende weißt, ob sich die Ausbildung in Teilzeit für dich lohnt oder nicht. Und wenn ja, wie du diese beantragen kannst.

Wichtig: die Teilzeit-Ausbildung ist genauso vollwertig anzusehen wie eine Vollzeit-Ausbildung! Du hast dadurch genau die gleiche Qualifikation und den gleichen Abschluss. Es kann einfach sein, dass du dafür etwas länger brauchst.

Welche Gründe sprechen dafür?

Es gibt verschiedene Gründe dir dafür sprechen eine Ausbildung in Teilzeit zu absolvieren. Die gängigsten Gründe sind sicherlich die Kinderbetreuung, d.h. wenn du schwanger bist oder bereits Kinder hast. Außerdem ist das Thema der Pflege von Angehörigen sehr groß. Eine Ausbildung in Teilzeit kann aber auch dann sinnvoll sein, wenn du zusätzlichen Förderunterricht benötigst oder wenn du eine Behinderung hast und dadurch beeinträchtigt bist. Außerdem können Sprachbarrieren ein Grund sein für eine Teilzeitausbildung bzw. wenn du aus dem Ausland kommst. Ein weiterer Grund ist außerdem eine nebenberufliche Selbstständigkeit, d.h. wenn du ein Nebengewerbe hast und hier Zeit investieren willst/musst. Oder wenn du alternativ während der Ausbildung noch in einem anderen Job arbeiten musst, weil das Geld sonst einfach nicht zum Leben ausreicht.

Es gibt auch Fälle in denen du bereits eine Ausbildung absolviert hast und parallel eine weitere Ausbildung absolvierst, in dem eigentlichen Beruf aber noch weiterarbeitest und dadurch nicht Vollzeit in die Ausbildung gehen kannst. Ein Beispiel kann hierfür sein, dass du als ausgebildete Pflegehilfskraft nach deiner zweijährigen Ausbildung eine berufsbegleitende Ausbildung zum Pflegemachmann/-frau machst und parallel weiter als Pflegeassistenz arbeitest.

Wann muss man sich entscheiden?

Du entscheidest dich im Voraus dafür, ob du eine Ausbildung in Teilzeit absolvieren möchtest oder nicht. Das heißt vor deinem eigentlichen Start in die Ausbildung gehst du hier mit deinem potentiellen Ausbildungsbetrieb ins Gespräch.

Solltest du jedoch deine Ausbildung in Vollzeit beginnen und es kommt etwas Unerwartetes dazwischen, sodass du in Teilzeit wechseln musst, ist das theoretisch auch möglich. Dafür musst du dich wieder mit deinem Arbeitgeber einigen, das ganze schriftlich festhalten und dann an die zuständige Kammer übermitteln.  

Welche Voraussetzungen gelten hierfür?

Generell hat jeder Azubi Anspruch auf eine Ausbildung in Teilzeit nach § 7a im Berufsbildungsgesetz (BBiG). Du musst dafür seit 2020 auch keinen bestimmten Grund vorlegen wie beispielsweise die Kinderbetreuung. Es steht jedem frei zu eine Ausbildung in Teilzeit zu absolvieren. Du kannst dich auch nur teilweise für eine Reduzierung der Stunden entscheiden, sodass du z.B. nur das 1. Lehrjahr in Teilzeit machst und die restliche Ausbildung in Vollzeit – das ist sehr individuell möglich.

Maximale Teilzeit

Du musst dich auf jeden Fall mit deinem Wunschbetrieb abstimmen und nur wenn beide Seiten zustimmen, ist eine Ausbildung in Teilzeit auch möglich. Generell kannst du deine wöchentliche oder tägliche Arbeitszeit auf max. 50% reduzieren.

Mit Verlängerung der Ausbildung

Wenn du ca. 20h pro Woche im Betrieb arbeitest, verlängert sich deine Ausbildung ca. um 1 Jahr.

Wichtig: Je nachdem um wie viel Stunden du deine Ausbildung täglich bzw. wöchentlich verringerst, um so viel verlängert sich die Zeit deiner Ausbildung entsprechend. Du kannst deine Ausbildung maximal um das 1,5 fache verlängern.

2 Jahre Ausbildung Vollzeit > 3 Jahre Ausbildung Teilzeit
3 Jahre Ausbildung Vollzeit > 4,5 Jahre Ausbildung Teilzeit
4 Jahre Ausbildung Vollzeit > 6 Jahre Ausbildung Teilzeit

Beispiel: Bei einer 3-jährigen Berufsausbildung wird vereinbart, die Ausbildungszeit auf 75 Prozent zu reduzieren. Das Ende der Ausbildung verschiebt sich folglich um ein Jahr. Die Ausbildung in Teilzeit dauert in diesem Fall vier Jahre.

Ohne Verlängerung der Ausbildung

Wenn du schneller fertig sein solltest und deine Ausbildung trotz Teilzeit in der regulären Zeit absolvierst, stellt das i.d.R. kein Problem dar. Du kannst dadurch deine Teilzeit-Ausbildung „verkürzen“ und sie somit in der regulären Zeit von z.B. 3 Jahren absolvieren. Dafür musst du mind. 25 Stunden pro Woche (inklusive Berufsschule) im Betrieb sein.

Berufsschule

Du kannst zwar deine Arbeit in Teilzeit ausüben, die Berufsschule ist hier jedoch nicht davon betroffen. Das heißt, dass du trotz Teilzeitausbildung Vollzeit in die Berufsschule gehen musst. Es gibt hier, wie überall, Ausnahmen. Dazu musst du jedoch individuelle Vereinbarungen mit deiner Berufsschule treffen.

Vergütung/Urlaub

So wie in „normalen“ Jobs nach der Ausbildung in Teilzeit, ist es in der Teilzeitausbildung auch so, dass du nur anteilig verdienst, weil du auch nur anteilig arbeitest. In der Praxis ist es jedoch so, dass oftmals der Betrieb den vollen Lohn bezahlt und hier keine Abstriche macht – das ist aber sicher auch von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich!

Sollte dir dein Teilzeit Lohn nicht für deinen Lebensunterhalt reichen, hast du die Möglichkeit Berufsausbildungsbeihilfe oder Wohngeld zu beantragen.

Dein Urlaubsanspruch bleibt normalerweise der gleiche wie bei einem Vollzeit-Azubi auch. Die Voraussetzung ist, dass ihr die wöchentliche Arbeitszeit reduziert habt, sodass du (ausgenommen von der Berufsschule) an ganz normal 5 Werktagen beim Arbeiten bist und sich die Stunden insgesamt reduzieren. Wenn ihr vereinbart habt, dass du z.B. jeden Montag frei hast, kann es sein, dass sich dein Urlaubsanspruch auch anteilig reduziert.

Arbeitsvertrag

Wenn du und dein Ausbildungsbetrieb euch auf eine wöchentliche bzw. tägliche Arbeitszeit geeinigt habt, haltet ihr das alles in dem Ausbildungsvertrag ganz normal fest. Dein Ausbildungsbetrieb muss die Teilzeit dann noch bei der zuständigen Kammer beantragen und dann steht dem ganzen auch schon nichts mehr im Wege.

Welche Rechte hat man in Teilzeit?

Wenn du deine Ausbildung in Teilzeit absolvierst, hast du generell keine anderen Rechte als jemand, der in Vollzeit arbeitet. Deshalb gelten nachfolgende Regelungen für beide Seiten – Vollzeit und Teilzeit.

Home Office/Remote

Aus § 14 Absatz 1 Nummer 2 Berufsbildungsgesetz (BBiG) ergibt sich, dass der Ausbildende den Auszubildenden selbst auszubilden hat oder einen Ausbilder oder eine Ausbilderin ausdrücklich damit zu beauftragen hat. Deshalb ist Home Office während der Ausbildung nicht dauerhaft möglich. Du kannst jedoch einige Tage pro Woche/Monat im Home Office arbeiten. Es sollte einfach nicht zur dauerhaften Lösung werden. Denn wenn dein Ausbilder selbst auch im Home Office sitzt, ist es sehr fraglich ob der obige Paragraph noch Sinn ergibt. Es ist aber natürlich nur in Rücksprache und mit einer Genehmigung von deinem Arbeitgeber möglich im Home Office zu arbeiten.

Wenn du beispielsweise keine Kinderbetreuung findest, hast du jedoch nicht automatisch gesetzlich Anspruch auf Home Office. Halte in diesem Fall einfach Rücksprache mit deinem Arbeitgeber. Im schlimmsten Fall musst du dir für diesen Tag Urlaub nehmen. Manche Arbeitgeber sind hier aber kulant und gewähren an dem Tag Home Office.

Das heißt eine Remote Ausbildung ist generell nicht möglich. Remote bedeutet, dass du zu 100% aus dem Home Office arbeitest und gar nicht erst in den Betrieb kommst.

Wichtig: hierbei gibt es auch Ausnahmen. Es ist wirklich sehr individuell zu sehen, von Person zu Person.

Ich hatte neulich z.B. Kontakt zu einer Auszubildenden, die entweder eine 100% Remote Ausbildung gesucht hat, jedoch nur im Raum Düsseldorf, weil die IHK Düsseldorf dem als einzige IHK zugestimmt hat. Oder alternativ eine Teilzeit Ausbildung im Raum Frankfurt, weil sie dort gewohnt hat. Die Azubine hat während ihrer Ausbildung ein Kind bekommen und ist umgezogen, sodass sie ihre Ausbildung im ursprünglichen Betrieb nicht fertig machen konnte. 

Ausbildung unterbrechen

Es gibt eigentlich nur 2 Gründe die dafür sprechen, deine Ausbildung zu unterbrechen:

  • Längere Krankheit
  • Schwangerschaft

Generell greifen hier für Teilzeit-Azubis genau die gleichen Rechte wie für Vollzeit-Azubis. Wenn du deine Ausbildung unterbrichst und eh schon in Teilzeit bist und deine Ausbildung dadurch schon länger geht, kann es natürlich sein, dass sich deine Ausbildung durch die Unterbrechung noch mehr verlängert.

Wenn du länger krank sein solltest und deshalb für mehrere Monate ausfällst ist das natürlich nicht deine Schuld und du kannst anschließend wieder zurück in den Betrieb. Voraussetzung ist hierfür natürlich, dass du während der kompletten Zeit lückenlos krankgeschrieben bist. Es kann dann sein, dass du die Fehlzeit (je nachdem wie lange diese war) dranhängen musst. Das wird dann mit der zuständigen Kammer individuell besprochen.

Wenn du während der Ausbildung schwanger wirst, greift bei dir genau so der Mutterschutz wie bei einer normalen Arbeitnehmerin auch. Wenn du zusätzlich zum Mutterschutz noch Elternzeit nimmst, muss dein Ausbildungsbetrieb dir die Ausbildungsstelle max. 3 Jahre im Betrieb freihalten. Das heißt, du könntest deine Ausbildung für max. 3 Jahre unterbrechen. Hierbei kann es allerdings ebenfalls sein, dass du eine entsprechende Dauer an deine Ausbildung dranhängen musst. Das ist wieder sehr individuell und muss mit der zuständigen Kammer besprochen werden.

Vor- und Nachteile

Vorteile:

  • Du kannst Familie und Beruf miteinander verbinden und trotzdem eine Ausbildung abschließen.
  • Du hast anschließend eine vollwertige Ausbildung, ohne Einschnitte.
  • Du hast generell die selben Rechte wie ein Azubi in Vollzeit.

Nachteile:

  • Du musst ggf. deine Ausbildung verlängern.
  • Du verdienst ggf. weniger.
  • Du hast ggf. weniger Urlaub.

Fazit

Generell kann man sagen, dass die Teilzeit-Ausbildung eine wirklich gute Lösung ist um das Privatleben mit einer Ausbildung zu vereinigen. Du musst hier keine extremen Einschnitte vornehmen, wenn du aus privaten Gründen aktuell einfach keine Vollzeit-Ausbildung machen kannst. Generell kann es sein, dass du einfach etwas mehr Zeit mitbringen musst. Das ist aber nicht schlimm, denn am Ende des Tages hast du eine genauso vollwertige Ausbildung, wie wenn du sie in Vollzeit absolviert hast.

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